Als mein Onkel (86 Jahre alt) die ersten Bilder des Microlino 2.0 sah, war er hin und weg: „Mensch, die BMW Isetta, die ich vor 60 Jahren fuhr, kommt wieder!“ So ist es. Zwar im unverkennbaren Retro-Design, aber rein elektrisch. Der Microlino aus der Schweiz zieht jung und alt in ihren Bann. Der „Liebhab-Effekt“ ist enorm. Kann man diesem kleinen Auto böse sein?
Offenbar nicht, denn trotz aller Verzögerungen und Rechtsstreitigkeiten der vergangenen Jahre sind die Microlino-Fans der Neo-Knutschkugel treu geblieben: Über 20.000 Reservierungen müssen abgearbeitet werden. Nun endlich wird die Serienfertigung beim Partner Cecomp in Turin starten. 2021 noch soll der Microlino in der Schweiz auf den Markt kommen, andere Länder wie etwa Deutschland folgen 2022.
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Lohnt sich das Warten? Ich habe im Rahmen der IAA Mobility 2021 in München mir den Microlino 2.0 genauer ansehen können und in ihm Platz genommen. So viel sei bereits verraten: Mit der Urversion, in der ich auf dem Genfer Salon 2017 saß, hat dieses Auto bis auf die Form nichts mehr zu tun.
Nach der Trennung vom ursprünglichen Produktionspartner Artega entschied sich Micro Anfang 2020 dazu, den Microlino von Grund auf zu überarbeiten und als Microlino 2.0 auf den Markt zu bringen.

Technik und Antrieb:
Der Microlino wird das erste Fahrzeug seiner Klasse (L7e) mit einer selbsttragenden Karosserie aus Stahl und Aluminium sein – ansonsten ist ein Gitterrohrahmen üblich. Die Außenhaut besteht aus Alu. Darüber hinaus wurde beim Microlino 2.0 gegenüber dem Microlino 1.0 die Spitzenleistung von 12 auf 19 kW erhöht.
Zudem gibt es nun eine McPherson-Einzelradaufhängung vorne und hinten (statt Schubstange vorne und Starrachse hinten im Microlino 1.0) sowie eine breitere Hinterachse. Werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Daten des Serien-Microlino:
Länge | 2.519 mm |
Breite | 1.473 mm |
Höhe | 1.501 mm |
Sitze | 2 |
Kofferraumvolumen | 230 Liter |
Leergewicht | 435 kg (ohne Batterie und Fahrer) |
Leistung | 11 kW (Dauerleistung), 19 kW (Maximalleistung) |
maximales Drehmoment | 110 Nm |
Beschleunigung 0-50 km/h | 5 Sek. |
Höchstgeschwindgkeit | 90 km/h (limitiert) |
Batterietyp | Lithium-Ion (NMC/NCA Technologie) |
Batteriegrößen | 6 / 10,5 /14 kWh (14 kWh ab Juli 2022 verfügbar) |
Reichweiten | 95 / 175 / 230 km |
Aufladezeit 0 – 80 Prozent an normaler Steckdose | 4 h / 3 h / 4 h |
Wir sehen, der Microlino ist in etwa so groß wie der erste Smart Fortwo anno 1997. Überraschend geräumig ist der Kofferraum, der über eine Heckklappe gut zugänglich ist. Vorne gelingt der Zugang wie einst bei der BMW Isetta über eine kühlschrankähnliche Tür. Links hinter der LED-Leiste für Tagfahrlicht und Blinker befindet sich der Knopf zum Öffnen. Zu geht die Tür danach per Soft-Close.

So sitzt man
Der Einstieg ist kein Problem, auch wenn die Lenksäule anders als damals bei der Isetta fest stehenbleibt. Beim Ausstieg muss man ein wenig gelenkig sein, eine Schlaufe unterstützt beim Festhalten. Jede Wette: Besitzer werden den Dreh flott raus haben. Ein per Hand zu öffnendes Faltdach haben die meisten Varianten des Microlino serienmäßig.
Wie sitzt es sich nun im Microlino? Mit meinen 1,88 Meter Körpergröße prima, leider ragen die vorderen Radhäuser konzeptbedingt in den Fußraum hinein. Aber Microlino nutzt diesen Nachteil für sich und platziert dort auf der Fahrerseite die Wahlknöpfe der Automatik. Direkt neben der Sitzbank befindet sich die Handbremse. Auf einen Airbag kann der Hersteller wegen der Klasseneinteilung des Microlino verzichten und so greift man in ein Sportlenkrad.


Auf der Lenkachse gibt es nun ein Instrumentendisplay, wozu noch ein kleiner Touchscreen in der Mitte kommt. Das Armaturenbrett selbst ist minimalistisch. Hier können das eigene Smartphone, portable Bluetooth-Boxen oder sonstige Accessoires an einer Aluminiumstange angebracht werden. Dahinter wertet Leder das Ambiente auf.
Zu zweit sitzt man im Microlino recht eng aufeinander, wie ich bei anderen Sitzprobanden beobachte. Bud Spencer in doppelter Ausführung sollte besser nicht Platz nehmen. Aber zumeist dürfte der Microlino wohl eh mit einer Person besetzt sein.

Mehr zu den Ausstattungen und Preisen des Microlino finden Sie auf InsideEVs.de, unserer Schwesterseite rund um das Thema Elektromobilität.
Quelle: Motor1