Es gibt so ein paar Dinge, die man stereotypisch mit Frankreich verbindet. Baguette. Den Eiffelturm. Rotwein. Schlechtes Englisch. Proteste. Und wenn wir in Richtung des automobilen Kulturguts blicken … den Citroën 2CV.
Besser bekannt als die Ente. Die gab es auch als 2CV Fourgonnette. Als Kastenwagen mit Wellblechkarosse. Und weil Retro-Charme immer zieht, kommt jetzt eine optische Neuauflage auf Berlingo-Basis. Wir sind sie gefahren.
Was ist das?
Der Citroën Berlingo 2CV Fourgonnette. Klar. Die Renaissance des Modells, das von 1951 bis 1978 knapp 1,25 Millionen mal gebaut wurde und das Transportwesen in Frankreich mobilisierte. 530 kg leicht. Anfangs mit lächerlichen 9 PS aus 375 ccm und zwei Zylindern.
Mit einem Ladevolumen von 1,88 Kubikmetern und einer Zuladung von 250 kg (einschließlich Fahrer). Das fährt sich – wir haben das todesmutig auf der gleichen Teststrecke ausprobiert – ziemlich windig. Man sitzt halt auf Campingstuhl-ähnlichen Hockern ohne Verstellmöglichkeit und ohne Anschnallgurt. Dafür aber mit dem Kopf unterm Dach und 5 Zentimeter entfernt von der Windschutzscheibe.


Aber zurück zum Umbau: Er besteht aus GFK und wurde vom italienischen Karosseriebauer Caselani zusammen mit einem Citroën-Designteam entwickelt. An der Frontpartie des Berlingo werden die originalen Anbauteile entfernt (also Schürze, Motorhaube, Kotflügel) und ersetzt. Durch eine V-förmig gewölbte Motorhaube mit markantem Streifendesign, die sich nach unten verjüngt.
Daneben sitzen etwas gluppschäugig die runden Scheinwerfer, die aus dem Jeep-Regal stammen und auch bei der letzten Wrangler-Generation zum Einsatz kamen. Darunter der Kühlergrill mit großem verchromten Doppelwinkel und die neue Frontschürze mit rechteckigem Lufteinlass. Fertig.
Die Seiten, das Dach und das Heck werden ebenfalls mit glasfaserverstärktem Kunststoff verwellblecht. Allerdings wird hier kein originales Bauteil mehr entfernt, sondern einfach nur aufgeklebt. Für zusätzliche Stabilität wie einst sorgt diese zweite Haut also nicht mehr. Nur Deko. Schicke Deko.
Im Detail mag man aber möglicherweise über etwas unsaubere Verarbeitung meckern. Der frankophile Nostalgiker kann aber auch hier einen Bezug zum deutlich abenteuerlicher verarbeiteten Original herstellen. Die runden Rückleuchten? Die stammen ausnahmsweise nicht von einer amerikanischen Gelände-Ikone. Die kommen aus dem Hella-Regal.


Erhältlich ist das Caselani-Kit für die Cargo-Versionen des Berlingo mit Benziner (110 PS) und Diesel (130 PS) sowie für das Elektromodell (136 PS). Die Passagier-Variante ist wie das Fahrzeug ohne GFK-Anhängsel mittlerweile nur noch vollelektrisch mit ebenfalls 136 PS und dem gleichen 50 kWh-Akku im Programm.
Wie fährt er sich?
Diesen Absatz können wir ziemlich kurz halten. Denn die 2CV Fourgonnette-Modelle fahren sich jeweils genauso wie die Berlingo-Originale. Wer hätte das gedacht?! Und mit dem historischen Kastenenten-Vorbild hat das Basisfahrzeugs wiederum auch nichts mehr zu tun. Wenn Sie es also genau wissen wollen, können wir diesen ausführlichen Fahrbericht des Citroën e-Berlingo auf unserer Schwesterseite InsideEVs.de empfehlen. Oder diesen Videobeitrag zur Dieselvariante.
Kleine Unterschiede gibt es trotzdem: Die Luft sollte bei höheren Geschwindigkeiten zwar eigentlich etwas schlechter um die Karosse wirbeln, aber da der Wind selbst bei den schnörkelloseren Hochdachkombis ab 120 km/h präsent wird, werden Sie kaum einen Unterschied bemerken.
Und das Zusatzgewicht? Haben Sie eine Feinwaage in Ihrem Stammbaum, dann könnte man die Extrakilos im unteren zweistelligen Bereich vielleicht merken. Aber sind wir mal ehrlich … niemand ist mit einer Feinwaage verwandt.

Und dann wäre da noch die Aufmerksamkeit, die diese Fahrzeuge auf sich ziehen. Für introvertierte Zeitgenossen nicht zu empfehlen. Im fließenden Verkehr lassen sich die Blicke unter Umständen noch übersehen, aber wehe Sie halten irgendwo an. An einer öffentlichen Ladesäule an der Autobahn zum Beispiel.
Dann wird Sie der VW ID.3-Fahrer schneller in einen fachsimpelnden Smalltalk verwickeln, als Sie „fehlende Batterievorkonditionierung“ sagen können. Und von 0–80% SOC dauert es beim e-Berlingo 30 Minuten, da kommt vielleicht noch der eine oder andere Model 3-Besitzer auf Tesla-Missionierung hinzu.
Wo sind die Haken?
Haken 1: Wenn man wirklich Interesse an einem modernen 2CV Fourgonnette hat, sollte man eventuell recht schnell sein. Caselani fertigt nämlich von Hand und will maximal 200 Exemplare herstellen. Insgesamt. Über alle Modellversionen, flotte Farben und europäischen Märkte hinweg. Nicht viel, dafür aber immer schön mit goldener Plakette und entsprechender Nummerierung auf dem Armaturenbrett.

Haken 2: Der Preis, der nichts mehr mit dem damals günstigen Enten-Einstieg in die Welt der Mobilität gemeinsam hat. Die Spanne bei Caselani erstreckt sich von 37.500 bis 59.000 Euro. Ohne Mehrwertsteuer. 45.000 bis 70.000 Euro sind es dann mit den obligatorischen 19% in Deutschland, die an den Staat gehen. Uff. Das Kit alleine (für den Fall, dass Sie schon einen umbauwilligen Berlingo besitzen) kostet 16.800 Euro – beziehungsweise knapp 20.000 Euro mit Mehrwertsteuer.
Fazit
Wenn die beiden Haken im vorherigen Abschnitt keine Ausschlusskriterien für Sie sind, im Mittelpunkt stehen (oder fahren) gewünscht ist und sowieso ein Hochdachkombi in den privaten oder gewerblichen Fuhrpark wandern soll oder muss, dann lassen Sie den Franzosen in sich raus.
Alle Vorzüge des modernen Citroën Berlingo gibt’s in dem saftigen Preis ja sowieso gratis dazu und wenn man überlegt, welche Summen für eine klassische Ente heutzutage so aufgerufen werden (über 20.000 Euro für normale Modelle und sogar weit über 50.000 Euro für seltene Sondereditionen kann man finden) … da fährt man dann doch vielleicht lieber mit ein paar Assistenzsystemen und Klimaanlage im aktuellen Verkehrsgeschehen.
Andererseits: Jugendträume oder verflossene und damals fahrlässig verkaufte Fahrzeuglieben von einst waren noch nie billig. Und weil auch das Gefühl zählt, macht die Neo-Kastenente keine Ausnahmen.
Quelle: Motor1