Rechtzeitig zum Sommer haben die Engländer:innen das vorhandene Hardtop in den neuen Mini Cooper SE Cabrio (2022) umgebaut – aber leider nur ein Mal. Mit dem Einzelstück fahren wir jetzt zur ersten Testfahrt ans Meer…
Auf rostroten Riesen-Pfeilern stakst die „Ponte de 25 Abril“ mitsamt dem neuen Mini Cooper SE Cabrio (2022) bei der ersten Testfahrt über den Rio Tejo – nach Norden, wo sich das Häusermeer von Lissabon über die Hügel zieht bis hinunter an den Fluss und dort die staubigen, müden Füße ins kühle Wasser steckt. Auf dem graubraunen, trägen Fluss glitzert die Sonne, Möwen gleiten dahin. Die sind vom offenen Meer hierher gesegelt mit ganz wenigen Flügelschlägen, zappelnd und balancierend im Landauswärts-Wind. Milchiger Dunst zeichnet die ganze Szenerie weich, die dem Blick von San Francisco zur Golden Gate Bridge verblüffend ähnelt, und wir sitzen in bester Aussichtslage mittendrin: oben auf der Brücke in einem weit offenen neuen Mini Cooper SE Cabrio (2022). Lassen uns bei der ersten Testfahrt vom Fahrtwind die Nüstern blähen, schnuppern das Wasser unter uns und den Duft der Stadt. Hören das infraschalltiefe Rumoren von Schiffsmotoren, aus der Ferne das Hupen und Lärmen Lissabons, das Rauschen unserer Reifen auf dem Asphalt der Brücke. Sonst nichts. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Mini Cooper SE (2019) im Video:
Erste Testfahrt mit dem neuen Mini Cooper SE Cabrio (2022)
Das neue Mini Cooper SE Cabrio (2022) ist ein Einzelstück, und trotzdem wirkt es bei der ersten Testfahrt so, als sei es vor wenigen Tagen vom Band gelaufen: perfekt verarbeitet und funktionierend ohne jede Prototyp-Mürbheit. Ist ja auch eigentlich nicht schwer: Mini hat die Cabrio-Karosserie, Mini hat den vollelektrischen Cooper SE – vermutlich muss man nur irgendwo in der Fertigung das eine zum anderen steuern, und schon rollt am Ende ein „Mini Cabrio Cooper SE“ aus der Fabrik. Als ungewollte Promenadenmischung. Und jetzt fährt das Auto, das es eigentlich nicht geben dürfte, trotzig und selbstbewusst nach Norden über die Brücke. Jesus Christus schaut uns ernst hinterher, die 28 Meter große Statue auf ihrem 75-Meter-Sockel thront – von der Christus-Statue über Rio de Janeiro inspiriert – bereits seit Mai 1959 am Südufer des Tejo. Beinahe-Rio de Janeiro? Beinahe-San Francisco? Die enorme XL-Kopiendichte an der Tejo-Mündung verkraftet Lissabon ganz entspannt, schließlich ist die portugiesische Hauptstadt ein echtes Original und unverwechselbar – die Lage zwischen Fluss und Meer und Bergen, Alt und Neu. Der Mini fühlt sich in diesem Schmelztiegel spürbar wohl. Er hechelt als Gassenhauer durch die engsten Winkel, rumpelt satt und souverän übers Kopfsteinpflaster, spiegelt sich eitel in Schaufenstern, lässt sich bewundern. Und weil er ein Cabrio ist, haben wir auch was von der Vertikalen, bekommen das Leben der Stadt auf den kleinen Balkonen in den oberen Etagen mit, winken, flirten, sind mittendrin. Dann irgendwann sprintet der Mini energisch entlang der mehrspurigen Ausfallstraßen im Norden – voller Ehrgeiz im Schlepptau eines John Cooper Works Cabrio, das dem Elektro-Windspiel nicht nur seine Surf-and-Turf-Hausstrecke zeigen möchte, sondern vor allem wo der Hammer hängt: Der 231 PS (170 kW) starke JCW ist der Platzhirsch im Mini-Programm, im direkten Vergleich sollte unser neues Mini Cooper SE Cabrio (2022) eigentlich keine echte Chance haben. „Wie weit schaffst du es denn überhaupt mit einer Batterieladung?“ schnöselt denn auch der Fahrer des JCW herüber, als wir auf der ersten Testfahrt in Sintra von der Schnellstraße tropfen, „nach der Runde durch die Innenstadt haben wir immerhin bereits über 40 Kilometer auf der Uhr, 100 musst du noch schaffen – und eigentlich fängt der Spaß gerade erst an. Stromsparschleichgang fällt heute komplett aus!“ Wir winken grinsend ab: „Bis ans Ende der Welt, ganz locker…“ – Gut, dass das Cabo da Roca, der westlichste Punkt Festland-Europas, nur 20 Kilometer hinter Sintra liegt.
Aus der Stille – Sturmfrisur
Selbst wenn wir es in den Bergen richtig krachen lassen, dürfte die Reichweite des neuen Mini Cooper SE Cabrio (2022) bei der ersten Testfahrt problemlos für diesen Tagesausflug reichen. Und zwar All Inclusive: Berge, Meer, Stadt, Land, Fluss. Krachen lassen tun wir es trotzdem nicht. Das kann der Cooper SE überhaupt nicht: In aller Stille schickt sein E-Motor 270 Newtonmeter an die Vorderachse, die reißen den Mini so saftig an, dass einem Hören und Sehen vergeht. Das fehlende Motorgeräusch des Elektro-Antriebs wirkt in der Cabrio-Darreichungsform dabei noch verstörender und surrealer. Der vorausräubernde JCW sägt kernig, gurgelt guttural und lässt die Auspuffpeitsche knallen, da hörst du gleich: Der hat es eilig! Der geht voran! – Und dahinter surft der Cooper SE mit quasi aktivierter Stummschaltung im Windschatten einher, lässt die Reifen schnattern, den Fahrtwind rauschen, ansonsten herrscht aber Ruhe. Das ist sonderbar. Und dann immer besser. Nicht dass wir jetzt Verächter kernigen Ansaugens und gehaltvollen Auspuffens geworden wären, aber dieses stille Brutal-Andrücken hat schon was… Oben in den nebligen Bergwäldern zwischen Sintra und der Atlantik-Küste, rund ums Convento dos Capuchos, gibt es Momente, in denen man Elfen und Geister nicht erschrecken möchte, in denen das raubeinige Daherbratzen des JCW fast deplatziert wirkt. Und das spürt man erst bei der ersten Testfahrt im neuen Mini Cooper SE Cabrio (2022): Wie ein Windhauch simmert es zwischen den Bäumen hindurch, teilt die Nebelschwaden, wird zu einem Teil dieser mysteriösen Stimmung. Und dann sind wir bereits am Kap angekommen, blinzeln selig in den Wind, grüßen die Weite und fahren gut gelaunt um die Wette zurück ins Land.
Gefühl pro Kilometer – maximal
Durch die Korkeichen-Wälder zur Rennstrecke von Estoril – aber eine schnelle Runde schlägt das neue Mini Cooper SE Cabrio (2022) dem JCW bei der ersten Testfahrt dann doch ab. Lieber wieder über kurvige Bergsträßchen rüber zum Praia do Guincho stromern und dort in den Sonnenuntergang reiten. Der Atlantik braust mit Wind und Wellen daher, zerstiebt zu Gischt und Dunst, die beiden Mini segeln einträchtig und gänsehäutig in den Böen am Strand entlang. Runter nach Cascais, dort liegen in den Restaurants bereits Fische fürs Abendessen auf dem Grill, dann zurück nach Lissabon. Elektro-Cabrio-Fahren, das ist schon echt toll, denkst du. Das passt perfekt!
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Technische Daten des neuen Mini Cooper SE Cabrio (Werksangaben und Schätzwerte)
AUTO ZEITUNG 17/2022 | Mini Cooper SE Cabrio |
Technische Daten | |
Motor | Permanenterregte Synchronmaschine |
Getriebe/Antrieb | Konstantübersetzung; Vorderrad |
Gesamtleistung | 135 kW/184 PS |
Max. Drehmoment | 270 Nm |
Batterie-Kapazität | 32,6 kWh |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 3850/1727/1415 mm |
Fahrleistungen (Werksangaben) | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 7,3 s |
Höchstgeschwindigkeit | 150 km/h |
Verbrauch auf 100 km (WLTP) | ca. 15,5 kWh |
Kaufinformationen | |
Preis | Unverkäufliches Einzelstück |
Quelle: Autozeitung