Die Hammerpreise an deutschen Autobahnen sind ein Dauer-Aufreger. Ein Test des ADAC hat sie vor Kurzem erneut bestätigt. Wie solche Preise möglich sind? Die Antwort lautet: Tank & Rast.
Wenn Sie an der Autobahn tanken oder aufs Klo müssen, klingelt bei Tank & Rast die Kasse – zwar über Umwege, aber dafür nahezu immer. Den Bonnern gehört fast jede Tankstelle, fast jede Raststätte entlang deutscher Autobahnen. Die hohen Preise für Cola und Eis machen aber andere, sagt das Unternehmen. Diese anderen entgegnen aber: Ihnen bleibt nichts anderes übrig.
Neuer ADAC-Vergleich: So hoch sind die Preise an Raststätten
Rasanter Wertzuwachs
Eine bewegte Geschichte: Im Jahr 1994 ging Tank & Rast aus zwei bundeseigenen Gesellschaften hervor. Vier Jahre später verkaufte der Bund das Unternehmen. Eingefädelt hatte den Privatisierungs-Deal der damalige Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU), der spätere Chef des Verbands der Automobilindustrie. Erst zwei Tage vor der Unterschrift unter die Verträge übernahm sein Nachfolger Franz Müntefering (SPD) das Amt. Danach wurde das Unternehmen durch etliche Hände gereicht.
Matthias Wissmann 1994: Als Bundesverkehrsminister legte er den Grundstein für die Privatisierung von Tank & Rast. (Quelle: teutopress/imago images)
- 1998 ging Tank & Rast für 600 Mio. Euro an verschiedene Investoren, darunter Allianz und Lufthansa.
- 2004 die Übernahme durch das britische Unternehmen Terra Firma. Auf einmal war das Unternehmen schon 1,1 Mrd. Euro wert – fast doppelt so viel wie sechs Jahre zuvor.
- Drei Jahre später stieg eine Gruppe um die Deutsche Bank ein. Damals wurde der Wert von Tank & Rast bereits mit 2,4 Mrd. Euro bemessen. Eine weitere Verdopplung.
- Zuletzt fand das Unternehmen 2015 einen neuen Besitzer: Ein Konsortium bezahlte für 3,5 Mrd. Euro. Seitdem gehört Tank & Rast der Allianz-Versicherung, einem Vermögensverwalter, einem Investoren aus Abu Dhabi und einem kanadischen Fonds.
Nun war Tank & Rast beinahe sechsmal so viel wert wie bei seiner Privatisierung 17 Jahre zuvor. Eine erstaunliche Entwicklung für ein Unternehmen, das keinen Gewinn machte, aber auf einem hohen Schuldenberg saß.
Preis-Wahnsinn wird noch lange weitergehen
Die neuen Besitzer erhielten eine Konzession über 30 Jahre. Mindestens bis zum Jahr 2045 kann Tank & Rast also weiter abkassieren.
Dafür muss das Unternehmen dem Bund zwar jedes Jahr eine Gebühr überweisen. Aber erstens liegt sie bei höchstens drei Prozent des Umsatzes. Und zweitens überwies man etwa im Jahr 2017 nur rund 16 Mio. Euro – und damit deutlich weniger als drei Prozent des damaligen Umsatzes in Höhe von 634 Mio. Euro.
Staatskasse bezahlt Parkplätze für Tank & Rast
Umgekehrt investiert der Bund wiederum in die Zufahrten und Parkplätze der Raststätten, mit denen Tank & Rast sein Geld verdient – und zwar 100 Mio. Euro jährlich.
Das Prinzip ist so simpel wie ungerecht, werfen Kritiker dem Unternehmen vor: Der Staat habe die Infrastruktur zu stellen und Verluste zu tragen, gewaltige Gewinne hingegen würden die Investoren einstreichen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen wirft dem Unternehmen vor, seine Kunden abzuzocken. Und die Verbraucherschützer sind damit nicht allein.
Abzocke am Kunden – damit spielt die Organisation auf die Preise an den Raststätten an, die das Zehnfache vom Discounter-Preis betragen können – und mehr.
Tank & Rast-Geschäftsführer Peter Markus Löw: Auf die Preise der Pächter habe man keinen Einfluss. (Quelle: Becker&Bredel/imago images)
Diesen Vorwurf hat Tank & Rast natürlich schon sehr häufig gehört. Und genauso oft kommt dieselbe Antwort: Auf die Preisgestaltung an den Tankstellen und in den Restaurants habe man keinen Einfluss.
Einerseits stimmt das und andererseits auch wieder nicht.
Raststätten an Autobahnen
Sie stehen 50 bis 60 km voneinander entfernt, in Ausnahmefällen sind es 80 km. 410 der 435 Raststätten betreibt Tank & Rast. Das sind 95 Prozent. Hinzu kommen 360 Tankstellen und etwa 50 Hotels.
Tatsächlich werden so gut wie alle Tankstellen und Raststätten an selbstständige Unternehmer verpachtet. Und die legen ihre Preise selbst fest.
Allerdings: An der Pacht für seine Raststätten und Shops verdient Tank & Rast prächtig: Im schwachen Corona-Jahr 2020 setzte es 375 Millionen Euro um, im Jahr zuvor waren es 650 Millionen. Geld, das die Pächter erstmal verdienen müssen. Auch deshalb sind die Preise bei ihnen so hoch.
Großes Geschäft: Die Tochtermarke Sanifair macht viel Geld mit dem Gang zur Toilette. Laut Privatisierungsvertrag war das nicht vorgesehen. (Quelle: Manfred Segerer/imago images)
Umstritten ist auch die Tochtergesellschaft Sanifair. Sie erhebt eine Gebühr für die vorher kostenlose Toilettenbenutzung in Höhe von mindestens 70 Cent – inzwischen auch in Innenstädten. Nur einen Teil der Gebühr können Kunden auf Einkäufe anrechnen lassen. Im Privatisierungsvertrag hingegen heißt es: „Die Tank & Rast wird sich bemühen, die unentgeltliche Benutzung von sanitären Einrichtungen ganzjährig durchgehend sicherzustellen.“
Konkurrenz hat das Unternehmen nicht zu fürchten, denn 95 Prozent aller Autobahn-Raststätten gehören Tank & Rast. Nur Autohöfe, etwas abseits der Autobahnen gelegen und deutlich günstiger, stören ein wenig beim Geldverdienen. Also kaufte Tank & Rast bereits 19 von ihnen auf.
Quelle: T-Online