Die Folgen der Coronavirus-Pandemie haben der Autobranche die größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg beschert. Diese Autobauer sind in Kurzarbeit und diese Automessen werden 2021 verschoben oder abgesagt. Der Artikel wird fortlaufend aktualisiert.
Auswirkungen des Coronavirus auf die Autobranche
Die meisten Autobauer sind (bisher) mit einem blauen Auge durch die Corona-Pandemie gekommen. Wenige haben sogar gewonnen. Bei anderen haben die Auswirkungen des Coronavirus auf die Autobranche gnadenlos alte Schwächen aufgedeckt. Knapp drei Millionen Tote, Milliarden-Schäden in der Wirtschaft, Schulausfälle und Bildungslücken bei zahllosen Kindern: Ein Virus und seine diversen Mutationen plagt die Welt. Auch die Autoindustrie wird noch immer schwer gebeutelt. Doch wie im Gesundheitsbereich kommen inzwischen einige Regionen besser, andere schlechter durch die Pandemie. Auch wenn Lockdowns mittlerweile wohl ein Relikt der Vergangenheit sind, bestimmt das Virus besonders in Europa und Südostasien noch den Alltag vieler. Die weitere Entwicklung – auch die der Fahrzeugbauer – kann man noch nicht abschätzen. Ein Blick zurück auf 2020 zeigt aber, dass schon im ersten Corona-Jahr die Entwicklung der einzelnen Autohersteller durchaus unterschiedlich verlief. Das Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach bei Köln hat sich die Ergebnisse der verschiedenen Produzenten im Detail angeschaut. Alle Firmen hatten zunächst Produktionsstopp in den eigenen Werken und bei den Zulieferern zu verkraften. Die Ausfälle in der Fertigung, geschlossene Autohäuser, arbeitsunfähige Zulassungsbehörden (wie in Deutschland) und die gebremste Kauflust der Verbraucher führten 2020 bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen zu einem weltweiten Auslieferungsrückgang von 14,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Davon wurden aber nicht alle Hersteller gleichermaßen getroffen. So kam der Toyota-Konzern mit einem Minus von 9,7 Prozent und einem blauen Auge davon. Mit 9,53 Millionen Verkäufen zogen die Japaner:innen erstmals seit 2015 wieder am VW-Konzern vorbei und landeten auf Rang eins der weltweit größten Automobil-Produzenten. Die Wolfsburger:innen erwischte es mit einem Rückgang von 15,1 Prozent überdurchschnittlich stark. Noch schlechter erging es Ford, Nissan, Renault und die mittlerweile zum Stellantis-Konzern fusionierten Hersteller Fiat-Chrysler und PSA, die jeweils mehr als 20 Prozent Miese machten. US-Autobauer General Motors, Hyundai, Honda, Mercedes und besonders BMW kamen hingegen glimpflich davon – die Bayer:innen büßten im Vergleich zu 2019 zum Beispiel nur 7,8 Prozent ein. Viele von diesen Herstellern profitierten besonders vom sich rasch wieder erholenden chinesischen Markt, ebenso wie SAIC und viele andere einheimische Produzenten. Reine Hersteller von Elektro-Autos wie Tesla konnten im vergangenen Jahr sogar weiter wachsen.
Coronavirus: Tipps für die Hygiene im Auto (Video):
Autobranche: Gewinner & Verlierer der Corona-Krise
Die Absatzzahlen während der Coronavirus-Pandemie schlagen natürlich auch auf die Gewinne durch. Trotz der Corona-Krise schrieben die allermeisten Konzerne aber weiter schwarze Zahlen – bis auf Renault und Nissan, die kaum oder gar nicht auf den sich wieder regenerierenden Märkten vertreten sind. Hier hat Konzernchef Luca de Meo inzwischen ein radikales Umbauprogramm verkündet, um weniger renditeschwache Kleinwagen und mehr Margen-Bringer wie SUV und Mittelklasse-Wagen zu verkaufen. Andere sind weiter: Durch starke Kostenreduktion machte Daimler 2020 sogar deutlich mehr Gewinn als im Jahr zuvor. Die Schwab:innen erreichten eine Marge vor Steuern von 4,3 Prozent. Vor der Krise 2019 waren es nur 2,5 Prozent. Pro verkauftem Auto verdienten die Stuttgarter:innen während der Pandemie 2101 Euro (2019: 97 Euro) – bei BMW kamen 930 Euro pro Auslieferung in die Kasse, bei Volkswagen sogar nur 731 Euro. Die zwei deutschen Konzerne haben mittlerweile ihre Hinwendung zur Elektromobilität deutlich beschleunigt. Denn alle Autobauer stehen vor großen Herausforderungen: Die CAM-Studie erwartet 2021 zwar wieder einen leicht steigenden weltweiten Absatz. Allerdings müssen die Konzerne in Forschung und Entwicklung für die E-Mobilität sowie die Vernetzung investieren. Studienleiter Professor Stefan Bratzel befürchtet: „Dies wird nicht jeder Autohersteller schaffen. Die globale Autoindustrie steht vielmehr vor einer Zeitenwende, die in den nächsten fünf bis zehn Jahren von einer großen Konsolidierungswelle begleitet sein wird.“ Dabei hat die Corona-Pandemie als Beschleuniger gewirkt. Wie europäische Autobauer für die Zukunft gerüstet sind, hängt unter anderem von der Dauer der Corona-Krise ab.
von Klaus Uckrow
Produktionsausfälle in der Corona-Krise: So ist die Lage bei Audi, Daimler, Ford, Opel & VW
Aufgrund geltender Kontrollen und Corona-Testpflicht an den Grenzen befürchtet die deutsche Autoindustrie seit Mitte Februar 2021 erhebliche Lieferprobleme und Produktionsausfälle. Durch die zu erwartenden Probleme an den Grenzübergängen werde die Automobilproduktion ab dem Mittag am 15. Februar 2021 größtenteils zum Erliegen kommen, teilte ein Sprecher des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) mit. „Die Werke in Ingolstadt, Regensburg, Dingolfing, Zwickau und Leipzig sind als erste betroffen.“ Der VDA Sprecher sprach von einer dramatischen Lage, von der 800.000 Beschäftigte in der Autoindustrie betroffen seien. Die Autoindustrie fordert, bis zum Aufbau ausreichender Testkapazitäten an den Grenzen, mindestens aber für die nächsten vier Tage, auf eine ärztliche Testbestätigung zu verzichten und ersatzweise Selbstschnelltests für Fahrer zuzulassen. Beim Volkswagen-Konzern hieß es derweil, dass es noch keine Engpässe wegen fehlender Teile aus dem Lkw-Grenzverkehr gebe, auch nicht im VW-Werk Sachsen und im Porsche-Werk Leipzig. Auch bei Daimler hieß es, es würden keine Beeinträchtigungen erwartet, von Werksschließungen könne keine Rede sein. Und auch die bayerischen Autobauer BMW und Audi haben bisher keine größeren Probleme durch die Grenzkontrollen wegen der Corona-Pandemie. „Unsere Werke sind derzeit versorgt und produzieren planmäßig“, hieß es von BMW. „Erste Lieferungen konnten bereits die Grenzen passieren und sind ohne größere Verzögerungen in unseren Werken angekommen.“ Ein Audi-Sprecher erklärte: „Wir produzieren aktuell ohne Einschränkungen, beobachten die Lage und die weitere Entwicklung.“
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Lieferengpässe bei Halbleiterbauteilen in der Corona-Pandemie bleiben auch im Oktober 2021 ein Thema: So schickte Daimler im August und September an mehreren Standorten tausende Mitarbeiter:innen wieder in die Kurzarbeit. Betroffen waren nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ein Großteil der Beschäftigten der Mercedes-Werke in Rastatt, Bremen und die zum Teil aus der Produktion in Sindelfingen. Seit Oktober 2021 läuft die Fertigung in den Werken ist wieder halbwegs normal. In Bremer Werk sind mehr als 12.000 Mitarbeiter:innen beschäftigt, in Rastatt rund 6500, in Sindelfingen 25.000. Viele produzierte Fahrzeuge müssen momentan „auf Halde“ abgestellt werden, da einige Komponenten fehlen. Diese werden nachträglich eingebaut. Das sei „ein völlig normaler Vorgang in der Automobilproduktion“, so ein Daimler-Sprecher.
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Aufgrund des Chipmangels hielt Ford die Produktion auch im Mai, Juni und Juli 2021 in einigen Werken an. Während der mit der Arbeitnehmervertretung vereinbarten Kurzarbeit von 3. Mai bis 18. Juni sowie vom 30. Juni bis 9. Juli 2021 stehen die Produktionsbänder in Köln still. Das betrifft 5000 der 15.000 Mitarbeiter:innen. Nach dem zweiten Produktionsstillstand hat der Standort Köln Werksferien. Doch bereits nach Ende der Werksferien am 16. August wurde die Produktion zum 17. August 2021 erneut heruntergefahren. Die Kurzarbeit der 5000 Angestellten in der Fiesta-Produktion soll noch bis zum 31. Oktober 2021 andauern. Ford gehe davon aus, „dass es in absehbarer Zeit immer wieder zu Produktionsausfällen kommen kann“, so ein Sprecher am 30. September gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Nach Produktionsausfällen zwischen April und Juni 2021 im Werk in Saarlouis entspannt sich die Situation langsam. Für Oktober 2021 sieht Ford keine Kurzarbeit für die 45.000 Mitarbeiter:innen vor. Anders sieht es im rumänischen Craiova aus, Hier stehen die Bänder im Oktober 2021 still. Auch im Werk in Valencia (Spanien) werde aufgrund des Lieferengpasses die Produktion reduziert.
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Das Opel-Werk in Eisenach schließt wegen fehlender Halbleiter voraussichtlich ab Oktober 2021, die Kurzarbeit soll mehrere Monate, bis Ende 2021 andauern. 1300 Mitarbeiter:innen sind von den Maßnahmen betroffen. In Eisenach wird das SUV Grandand prodiziert, dessen Facelift im Oktober 2021 zu den Händlern rollen sollte. Der Marktstart des gelifteten SUV wurde auf Anfang 2022 verschoben. Das SUV werde vorerst im französischen Peugeot-Werk Sochaux weitergebaut, „die Produktion wird Anfang 2022 zurückgeholt werden nach Eisenach“, bestätigt ein Sprecher gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor äußerten sich der Betriebsrat und Gewerkschaft kritisch gegenüber dem Vorgehen, da die Entscheidung kurzfristig fiel und auch kein Termin für die Wiederaufnahme der Produktion feststehe. Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow äußerte Kritik am Vorgehen von Stellantis. Der Konzern „verlege die Produktion von Deutschland weg, weil er hier Kurzarbeitergeld bekommen kann“, so der Linken-Politiker.
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Im Emdener Volkswagen-Werk stehen wegen fehlender elektronischer Bauteile voraussichtlich ab Mitte Oktober wieder die Bänder still. Auch am Stammsitz in Wolfsburg führt der Halbleiter-Mangel erneut zu Einschränkungen. Nachdem die Produktion bereits seit April 2021 regelmäßig ins Stocken gerät, fiel im Stammwerk im Oktober erneut nahezu die gesamte Produktion aus. Nur eine Frühschicht in der Golf-Fertigung blieb zwischen dem 4. und 15. Oktober 2021 aktiv, wie Volkswagen mitteilte. 20.000 Mitarbeitende sind in Kurzarbeit. In Hannover läuft die Nutzfahrzeug-Produktion gedrosselt. Im Osnabrücker Werk ist weiterhin keine Kurzarbeit geplant. Auch das E-Auto-Werk in Zwickau kommt glimpflich davon. Das Werk habe eine priorisierte Teileversorgung, teilte Stefan Loth, Vorsitzender der Geschäftsführung der Volkswagen Sachsen GmbH, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur mit.
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Auch Toyota fährt die Produktion im November 2021 wieder nach unten. Es sollen weltweit rund 850.000 bis 900.000 Fahrzeuge produziert werden anstatt der geplanten einer Million. Grund sind fehlende Halbleiter, da neue Lockdowns in Südostasien die Chip-Produktion stark ausbremsen.
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Probleme beim Nachschub der Bauteile hatten zuletzt bei VW und anderen Autobauern immer wieder zu Einschränkungen in der Produktion geführt. Und die Unternehmensberatung Roland Berger erwartet, „dass der Hableitermangel noch weit über das Jahr 2021 hinausreichen wird“. Der Bedarf der Autoindustrie werde sich durch Elektrifizierung und automatisiertes Fahren bis 2025 massiv erhöhen: Heute seien in einem Premiumauto mit Verbrennungsmotor Halbleiter für 3000 Dollar verbaut. „Bei einem halbautonom fahrenden Elektroauto wird sich der Wert bis 2025 auf über 7000 Dollar je Fahrzeug mehr als verdoppeln“, erklärten die Branchenexpert:innen in einer Studie. Zugleich rechnen sie mit einer stärkeren Marktkonzentration bei den Chip-Herstellern. „Diese Konstellation erschwert die Beschaffung zusätzlich.“ Obendrein seien Smartphone- und Computerhersteller für die Halbleiter-Branche viel größere Kunden als die Autobauer. Die Nachfrage nach Computern und Spielekonsolen ist während der Corona-Krise gestiegen, während viele Autohersteller ihre Chip-Bestellungen stark heruntergefahren hatten.
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Ein Bürogebäude von McLaren in der Innenstadt von Woking wurde temporär in ein Corona-Impfzentrum verwandelt, wie im Januar 2021 bekannt wurde. Zunächst war man davon ausgegangen, dass es sich dabei um das Hauptquartier selbst handelt. Dem ist allerdings nicht so. Ende 2020 hatte der britische Sportwagensteller den geplanten Verkauf des Standorts Woking für rund 220 Millionen Euro gemeldet, um die Auswirkungen der Corona-Krise abzufedern. Wie im April 2021 bekannt wurde, hat das amerikanische Unternehmen Global Net Lease den Gebäudekomplex für umgerechnet rund 196 Millionen Euro erworben, um ihn für die nächsten 20 Jahre an McLaren zu vermieten. McLaren plant, langfristig am Standort Woking zu bleiben – in 20 Jahren will man das Mietgeschäft erneut prüfen.
Auswirkungen der Corona-Pandemie: Absagen von Messen/Events auch 2021 und 2022
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Die Tokyo Motor Show war für 20. bis 31. Oktober 2021 geplant. Nun hat Akio Toyoda, Konzernpräsident von Toyota und Vorstand der japanischen Automobilhersteller, die Corona-bedingte Absage verkündet. Es werde aber bereits am Programm für 2022 gearbeitet.
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Der Genfer Autosalon wurde bereits für das Jahr 2022 ersatzlos gestrichen. 2023 soll der Salon stärker denn je zurückkehren.
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Der Auto Salon Brüssel findet vom 14. bis zum 23. Januar 2022 wieder wie gewohnt in der Brussels Expo statt. Die Impfquote der Region ließe dies zu, so die Veranstalter:innen.
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Eigentlich sollte die Tuning World Bodensee 2020 ihren 18. Geburtstag feiern. Der Nachholtermin im Mai 2021 fand nur digital statt. Der nächste Termin steht aber bereits: vom 26. bis 29. Mai 2022 trifft sich die Tuning-Szene wieder in Friedrichshafen.
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Die L.A. Auto Show findet 2021 wieder wie gewohnt im November statt. Vom 19. Bis zum 28. November 2021 stellen Hersteller im LA Convention Center die Neuheiten des Jahres vor.
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Das Oldtimer-Event Concorso d’Eleganza Villa d’Este fand im Oktober 2021 in abgespeckter Form statt. Vom 1. Bis zum 3. Oktober fanden Events auf dem Gelände der Villa Erba statt, allerdings ohne Publikum. Als nächster Termin steht der 20. Bis 22. Mai 2022 fest.
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Auch das Goodwood Festival of Speed konnte 2020 nicht wie geplant ausgerichtet werden, vom 8. bis zum 11. Juli 2021 wagten die Veranstalter:innen einen neuen Anlauf. Und auch für das Goodwood Revival Festival gab es einen Ersatztermin: Es fand vom 17. bis zum 19. September 2021 statt. Für 2022 steht noch kein genauer Termin fest, das Festival of Speed soll aber stattfinden.
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Nach der Absage der New York Auto Show 2020 planen die Veranstalter:innen eine Neuauflage der Messe vom 20. bis zum 29. August 2021. Für 2022 ist ein Termin im April angesetzt.
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·Auch die Detroit Auto Show wurde 2020 zunächst verschoben und später abgesagt. Schließlich war geplant, die NAIAS im Herbst 2021 wieder stattfinden zu lassen. Auch daraus wird nichts, wie im Januar 2021 bekannt wurde: Stattdessen soll es eine mehrtägige Veranstaltung namens „Motor Bella“ auf dem M1 Concourse Speedway in Pontiac (Michigan) geben. Das Event fand vom 23. bis zum 26. September 2021 statt. Auch 2022 wird es die „Motor Bella“ geben, die Detroit Auto Show soll mit mehr Outdoor-Flächen ebenfalls zurückkehren.
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Die IAA Nutzfahrzeuge vom 24. bis zum 30. September 2020 wurde ebenfalls Corona-bedingt abgesagt. Eine Wiederholung 2021 ist nicht geplant, die nächste Ausgabe findet erst vom 20. bis 25. September 2022 statt
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Aufgrund des weltweit grassierenden Coronavirus haben sich auch die Veranstalter:innen der SEMA 2020 (Specialty Equipment Market Association) dazu entschlossen, die Tuningmesse in Las Vegas auszusetzen. Nächster angepeilter Termin: 2. bis 5. November 2021.
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Unter dem Leitmotto „Limited Edition“ sollte die Essen Motor Show 2020 trotz der Coronakrise vom 28. November bis zum 6. Dezember ihre Pforten öffnen. Daraus wurde jedoch nichts, ein Datum für das Comeback steht aber bereits fest: Die Fachmesse für Tuningstrends soll vom 27. November bis zum 5. Dezember 2021 die Tore öffnen.
Quelle: Autozeitung