Wie funktionieren eigentlich die Bremsen von Autos? Die AUTO ZEITUNG erklärt unter anderem den Unterschied zwischen Trommel- und Scheibenbremse, die Vorteile von Karbon-Keramik-Bremsen und beliebte Modifikationen an Bremssystemen.
So bremsen unsere Autos – Unterschied Trommel- & Scheibenbremse
Unabhängig davon, ob wir von einer Trommelbremse oder der heute gängigen Scheibenbremse sprechen, wird der Druck aufs Bremspedal in aller Regel hydraulisch, also über die ätzende Bremsflüssigkeit in den Leitungen, an die Bremse weitergegeben. Bei der Scheibenbremse werden durch den entstehenden Druck die Bremsbeläge auf die Bremsscheibe gedrückt. Die Scheibe wiederum ist fest am Rad befestigt und verzögert so dessen Drehung und die Geschwindigkeit des Autos. Die Trommelbremse verfügt in ihrer üblichen Art über zwei sichelförmige Bremsbeläge, die hydraulisch auseinandergedrückt und im Rad von innen gegen eine sich drehende Trommel gepresst werden. Neben Bremskraftverstärkern unterstützt ein weiterer technischer Trick: Der Pedalweg ist deutlich länger als der Weg, den die Beläge zurücklegen. Durch dieses Übersetzungsverhältnis wird die Bremskraft gegenüber der Kraft beim Betätigen des Bremspedals signifikant erhöht. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Leslie & Cars fährt die Porsche GTS-Modelle (2022) im Video:
Vorteile der Scheibenbremse
Die Scheibenbremse hat sich vornehmlich durch ihre bessere und konstantere Bremsleistung durchgesetzt. Erhitzt sich eine Bremse bei Gebrauch stark und verliert dadurch an Leistung, spricht man von „Fading“. Hier hat die Scheibenbremse den entscheidenden Vorteil eines nach außen offenen Systems: Sie wird von kühlender Luft umströmt, was einer Überhitzung entgegenwirkt. Viele Scheiben sind sogar innenbelüftet – das bedeutet, dass sie in der Mitte eine Art geöffneten Hohlraum haben, damit sie vom Fahrtwind durchströmt werden. Darüber hinaus gelten sie als weniger anfällig für laute Geräuschentwicklung und werden in der Regel schlicht als optisch schöner wahrgenommen.
Vorteile der Trommelbremse
Auch wenn die Scheibenbremse das klar verbreitetere System ist, hat auch die Trommelbremse zahlreiche Vorteile. So ist sie in der Produktion deutlich günstiger und gilt als verschleißärmer. Das nach außen geschlossene System hat weiteree Vorzüge: Die Bremse ist vor Wasser und Schmutz geschützt und setzt so anders als die Scheibenbremse selten Rost an. Außerdem verschmutzt der feine Bremsstaub nicht unmittelbar die Umwelt, sondern wird aufgefangen. Verwendung findet die Trommelbremse heute aus Kostengründen meist an der Hinterachse kleinerer Autos, bei denen stark auf den Kaufpreis geachtet wird. Da sich beim Bremsen der Großteil des Gewichts auf die Vorderachse verlagert, ist die Bremswirkung der Hinterräder grundsätzlich kleiner. Entsprechend legt man dort weniger Wert auf eine leistungsstarke Scheibenbremse. Trommeln sind beispielsweise hinten am VW Up, Toyota Aygo oder Dacia Duster zu finden.
Trommelbremse am Elektroauto
Auf den ersten Blick unwahrscheinlich, aber doch wahr: Die totgeglaubte Trommelbremse bringt günstige Bedingungen für die Verwendung bei Elektroautos mit. Für die Rekuperation – also das Aufladen der Batterie beim Rollen – werden Elektroautos durch einen Generator recht stark gebremst, sobald man vom Gas geht. Dadurch benötigen sie im Alltag erheblich weniger manuelle Bremswirkung, außerdem neigen die Bremsscheiben durch die wenige Nutzung eher zum Korrodieren als bei vergleichbar motorisierten und genutzten Verbrennern. Aus diesen Gründen werden zahlreiche (und nicht nur kleine) Elektroautos etwa aus dem VW-Konzern mit Trommelbremsen an den Hinterrädern ausgeliefert, so zum Beispiel der VW ID.5 oder der Audi Q4 e-tron.
Auch interessant:
Karbon-Keramik-Bremsen: teuer, aber gut
Nicht nur die italienischen Bremsen-Spezialisten von Brembo schwören auf rostfreie Karbon-Keramik-Bremsscheiben. Die spezielle Materialbeschaffenheit soll hitzebedingtes Fading im Vergleich zu herkömmlichen Scheiben aus Stahl deutlich reduzieren, außerdem soll das extrem harte Material weniger schnell verschleißen. Wie immer, wenn Karbon im Spiel ist, ist auch Gewichtsreduktion ein Thema. Allerdings sind die Karbon-Keramik-Scheiben extrem teuer, weshalb sie nur bei hochpreisigen Sportwagen und in der Luxusklasse Verwendung finden. Darüber hinaus können die Scheiben im Betrieb durch den anderen Materialmix deutlich heißer werden als Stahlscheiben, womit auch die umliegenden Komponenten umgehen können müssen. Ausgeliefert mit diesen optisch auffälligen High-Tech-Bremsen werden unter anderem der BMW M8, der Ferrari 296 GTB oder der Porsche 911 Turbo S. Diese Systeme sind übrigens nicht zu verwechseln mit Keramik-Bremsbelägen, wie es sie im Zubehör zu kaufen gibt.

Übliche Modifikationen von Bremssystemen
Besonders in sportlichen Gefilden gehören Löcher und Schlitze in den Bremsscheiben zum guten Ton. Grund dafür ist unter anderem die bessere Ableitung von Wasser und entstehendem Dampf, denn die unterbrochene Fläche erschwert die Bildung eines durchgehenden Films auf der Bremsscheibe. Wie groß diese Wirkung tatsächlich ist und ob man sie hinterm Lenkrad deutlich spürt, ist nicht unstrittig – sicherlich spielen auch optische Aspekte eine Rolle bei diesen Maßnahmen. Eine übliche Modifikation von Bremssystemen sind darüber hinaus Stahlflex-Bremsleitungen. Im Gegensatz zu Leitungen aus Kunststoff soll sich der Stahl bei Druckausübung weniger ausdehnen und so eine bessere Bremsleistung ermöglichen. Außerdem werden sie nicht mit der Zeit porös. Genau wie bei gelochten oder geschlitzten Scheiben gilt auch hier: Beim Nachrüsten für den Straßenverkehr ist eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) erforderlich.
Unser Fazit
Auch wenn die Scheibenbremse aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und thermischen Vorteile im modernen Automobilbau dominiert, ist die Trommelbremse nicht tot. Neben preisgünstigen Kleinwagen findet sie seit einigen Jahren aufgrund veränderter Anforderungen vermehrt in Elektroautos Anwendung.
Quelle: Autozeitung