Bei der Umstellung auf Elektrofahrzeuge passiert etwas erstaunliches, da chinesische Automobilhersteller ihre westliche Konkurrenz bei der Produktion dieser Fahrzeuge überholt.
Dies ist die wichtigste Schlussfolgerung des neuesten Berichts von JATO Dynamics. „EV price gap: A divide in the global automotive industry“ analysiert, wie chinesische Autohersteller enorme Fortschritte gemacht haben, Elektroautos zu wettbewerbsfähigen Preisen zu produzieren.
Made in China kostet nur halb so viel
Die Informationen zeigen, dass 2015 der durchschnittliche Listenpreis von Elektroautos in China 37 % höher war als in Europa. Im Vergleich zu den USA waren es immerhin noch 26 %. Seitdem hat sich der Trend umgekehrt, so dass heute (in der ersten Hälfte dieses Jahres) der durchschnittliche Listenpreis für ein Elektroauto in China bei 31.165 Euro liegt, verglichen mit 66.864 Euro in Europa und 68.023 Euro in den USA.
Außerhalb von China sind Elektroautos nach wie vor recht teuer, trotz der laufenden Bemühungen westlicher Hersteller, günstigere Modelle zu produzieren. So müsste ein europäischer Verbraucher mindestens 18.285 EUR ausgeben, um das günstigste heute erhältliche Elektroauto zu erwerben (ohne Anreize des jeweiligen Landes). Derselbe Verbraucher müsste in den USA schon 24.400 Euro ausgeben. Und noch schlimmer ist, dass diese Zahlen 92 % bzw. 146 % über den günstigsten neuen Verbrennungsfahrzeugen liegen. Zum Vergleich: In China kostet das billigste Elektroauto 8 % weniger als das billigste Auto mit Verbrennungsmotor.
Mit ihren erschwinglichen EVs fällt es den chinesischen Herstellern leichter, Marktanteile in den Schwellenländern zu gewinnen. Sie sind zur bevorzugten Wahl der Verbraucher geworden und machen den Großteil der Elektro-Verkäufe in Israel (61 %), Russland (91 %) und Thailand (79 %) aus. In anderen Ländern wie Brasilien, Malaysia, Mexiko, den Philippinen, Chile und Indonesien machen chinesische Elektroautos mehr als ein Viertel des Gesamtabsatzes aus.

Chinesische Elektroautos konkurrieren nicht nur über den Preis, sondern auch über Qualität und Leistung. Ihr Angebot umfasst Elektroautos mit 200 bis 300 PS zu einem Durchschnittspreis von nur 30.500 Euro. Der BYD Seal ist ein gutes Beispiel dafür. Es ist eine Mittelklasse-Limousine mit einem 204-PS-Motor, die in China in der Elite-Ausstattung 24.106 Euro kostet. Das ist ein Preis, der nahe an dem eines brandneuen elektrischen Renault Twingo Equilibre in Europa liegt … einem Stadtauto.
Vorherrschaft in den Segmenten
Ein weiterer Grund für den wachsenden Erfolg chinesischer Elektrofahrzeuge weltweit? Man schafft es, in allen Segmenten präsent zu sein. Mit 170 lokalen Marken stellt China sicher, dass es seine Elektroautos in jedem einzelnen Segment anbietet und damit auf die Vorlieben der Verbraucher in aller Welt eingeht.
Dieser Ansatz unterscheidet sich von dem europäischer, amerikanischer, japanischer und koreanischer Automobilhersteller, die ihre Elektroautos traditionell als Premiumfahrzeuge positioniert haben.
Von den 235 EVs, die in der ersten Hälfte des Jahres 2023 in China erhältlich sind, waren beispielsweise nur 23 % teurer als 40.000 Euro, während es in Europa 77 % und in den USA 82 % waren.

Warum sind sie so billig?
Kurz gesagt: Regulierung und Arbeitskosten. In den letzten zehn Jahren hat die chinesische Regierung die einheimische Elektrofahrzeugindustrie durch den Entwicklungsplan für die New Energy Vehicle Industry (2021-2035) mit Subventionen in Höhe von insgesamt 57 Milliarden US-Dollar zwischen 2016 und 2022 stark unterstützt.
Chinesische Verbraucher haben auch von erheblichen Steuererleichterungen für den Kauf eines Elektroautos profitiert. Der Vorteil Chinas gegenüber den USA und Europa bei der Produktion von billigen Elektrofahrzeugen ist auch auf die relativ niedrigen Arbeitskosten des Landes zurückzuführen.
Während die europäischen Länder im Allgemeinen die höchsten Arbeitskosten der Welt haben, mit einem Stundenlohn von etwa 30 Euro, hat Peking den höchsten Stundenlohn in China, mit nur 26,4 Renminbi oder umgerechnet 3,70 US-Dollar. Das ist achtmal niedriger.
Der Autor des Artikels, Juan Felipe Munoz, ist Automotive Industry Specialist bei JATO Dynamics.
Quelle: Motor1